Die unterschätzte Rolle der CFOs: Interview mit Dr. Thomas Fischer

Tom spricht mit Markus Plettendorff und Dr. Thomas Fischer über die neue Rolle von CFOs als Treiber der Nachhaltigkeitstransformation.

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Markus: Herr Dr. Fischer, Wir sind auf dem CFO Summit des Handelsblatts, also wir haben die Top Finanzer der Unternehmen heute hier im Haus zu Gast und sie appellieren an diese Top Finanzer, sozusagen den Denkapparat aufzumachen, mehr Gesamtunternehmerisch zu denken. Was meinen sie damit und warum soll der CFO das tun?

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Tom: Nun ja, also die die ganzen Krisen der Vergangenheit, ja Pandemie, Ukraine, Krieg, und das fängt ja schon früher an, Finanzkrise und so weiter haben ja erst mal gezeigt, dass die Welt sehr volatil ist, ja, dass plötzlich Player auf den Markt kommen, die wir vorher nicht auf dem Schirm hatten, und umso wichtiger ist ja, den Blick zu öffnen und zu walten und zu schauen, wo kommt was her, denn diese Krisen hatten wir eben größtenteils nicht auf dem Schirm.

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Tom: Das ist eben auch Aufgabe des CFOS in der Steuerung des Unternehmens sicherzustellen. Themen auf dem Radar zu halten oder mal mindestens den Umgang damit und eben entsprechend auch seinen Kolleginnen und Kollegen dabei zu helfen, diese gesamtunternehmerische Perspektive immer wieder einzunehmen.

Markus: Ist das aber nicht gerade in Krisenzeiten eher die Aufgabe des CEOS? Und der CFO hat bitteschön die Zahlen und vor allem die Finanzen im Auge zu behalten, um die Liquidität sicherzustellen und so ne Krise zu überstehen?

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Tom: Ich denke, dass die Zeiten des einsamen Menschen an der Spitze vorbei sind und die meisten Führungsteams, Topmanagement, Teams, die ich kenne, verstehen sich auch deutlich stärker als Team und und diskutieren über Themen, als das jetzt eine eine Person quasi so Richtungsscheidend entscheidend jeden Tag sagt, wo es langgeht.

1:32
Tom: Der CFO hat natürlich die Aufgabe, das Zahlenwerk zu richten. Er muss Transparenz herstellen und die Diskussion, dass der CFO sich weiterentwickelt vom Zahllieferant zum Business Partner und so weiter die führen wir schon seit über 10 Jahren und die ist glaube ich kein CFO würde heute sagen er ist nur Zahlenlieferant. Der CFO bringt sicherlich Fähigkeiten und Möglichkeiten mit, die dann aber eben helfen diesen gesamtunternehmerischen Blick einzunehmen und ganz ehrlich, jeder CFO den ich kenne würde auch von sich behaupten, dass er diesen Blick hat.

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Tom: Die Erfahrung selber, lehrt mich. Das liegt daran, dass wir einen CFO Circle haben, wo etwa 100 CF OS seit vielen Jahren Mitglied sind, dass wir uns über ganz viele verschiedene Themen unterhalten und damit der Blick, den die CFOs einnehmen, sehr breit ist. Und ja, ich glaube, es ist auch seine Aufgabe.

Markus: Um die These mal auf die Spitze zu treiben, heißt das im Umkehrschluss, dass Zahlen werden für die Steuerung eines Unternehmens und für die Ausrichtung eines Unternehmens ein Stück unwichtiger.

Tom: Na, ich glaube, dass zahlen super wichtig sind und ich glaube, dass es sogar auch in Zukunft viel stärker noch darauf ankommt, analytisch zu arbeiten. Nur die Zahlenquellen, die Herkunft.

2:45
Tom: Die die weitet sich natürlich dramatisch aus, nicht also von der, ich sag mal, vom Zahlenwerk, vom finanziellen Zahlenwerk aus dem Unternehmen heraus ist es heute sehr wichtig, externe Datenquellen, externe Zahlen, marktorientierte Zahlen, kundenperspektiven, Mitarbeitendenzahlen auch auch Trends und Entwicklungen, die um das Unternehmen herum stattfinden, in die Betrachtung einzubauen und damit auch in die Entscheidungsfindung. Deswegen glaube ich, dass die analytische Komponente auch die erforderliche analytische Kompetenz immer größer wird und auch ein Stückchen schwieriger wird.

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Tom: Weil die Datengrundlage und die, die die Datenquellen viel breiter und viel tiefer werden.

Markus: Ein anderes Thema, was im Moment ja nicht nur die Finanzer, sondern wirklich fast alle Unternehmen beschäftigt, ist das Thema Nachhaltigkeit. Wir haben einen großen Strukturwandel in den Unternehmen hinzu, mehr Nachhaltigkeit, und sie sagen, das ist durchaus auch eine Aufgabe des CFOs, sich um dieses Thema zu kümmern, warum?

3:41
Tom: Beim CFO ist es häufig verortet, weil der sich ja mit Berichterstattung auskennt. Und natürlich denken viele Unternehmen zunächst mal daran, wie sie die Anforderungen an das Berichtswesen erfüllen können. Am Ende ist Nachhaltigkeit eine gesamtunternehmerische Aufgabe, denn die Frage ist ja nicht zu sagen, wie können wir irgendwelche Gesetze erfüllen, sondern es ist doch die tiefe Frage nach der Zukunft des Unternehmens, wie müssen wir uns eigentlich strategisch aufstellen. Ich kann mir kein Unternehmen mehr vorstellen, was nicht in 15 Jahren fundamental nachhaltig arbeitet oder mal mindestens so kurz davor ist, es zu tun, also das heißt, die Frage nach der Ausrichtung, nach der Frage, wie wir in Zukunft arbeiten werden, die umfasst ja das gesamte Topmanagement, und da kann der CFO und und und. Liefert der CFO natürlich einen sehr, sehr wertvollen Beitrag. Er beschäftigt sich damit, wie neue Businessmodelle, die das Thema Nachhaltigkeit ja häufig beinhaltet, wie man die ans Leben bekommt, er muss auch die ganzen Investitionen, die dafür nötig sind, in irgendeiner Weise verantworten, insofern hat er einen sehr wichtigen Beitrag für das Thema.

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Markus: ESG, Nachhaltigkeit, das sind 2 von den Buzzwords, die im Moment viel und heftig diskutiert werden, ein weiteres. Sie haben es in ihrem Vortrag gerade selbst genannt, heißt Purpose die Sinnhaftigkeit, die stärker in den Fokus muss, ihrer Meinung nach, warum?

Tom: Ja, für mich ist das Thema Purpose, ist ja heute so ein bisschen verschlagwortet und es ist so in aller Munde und man muss aufpassen, dass es nicht so zu so einem Management Hype wird und der eigentlich keine Substanz mehr hat.

5:07
Tom: Die Frage nach der Sinnhaftigkeit hat sich ja spätestens in den Krisen gezeigt, wo viele Menschen ja auch existenziell bedroht, Angst hatten, sich gefragt haben, wie soll das eigentlich weitergehen und damit ja auch ganz viele elementaren Fragen gestellt haben, also nach dem Sinn eben, und diese Frage nach dem Sinn müssen sich unternehmen eben auch regelmäßig stellen, auf der einen Seite verlangen das natürlich neue Mitarbeitende, die wollen wissen, warum ist es wichtig, da zu arbeiten, auf der anderen Seite bin ich davon überzeugt, dass der Purpose, also die Sinnhaftigkeit, diesen Nordstern darstellt.

5:37
Tom: Den es braucht, wenn alles um einen herum zusammenbricht. Also wenn alle uns Instrumente ausfallen, dann hat der Seemann noch die Sterne, dann kann er danach navigieren und kann sagen, ich kann mich orientieren. Und so etwas ist der Purpose ja auch ein Nordstern, ein fixer Orientierungspunkt, den muss der CFO eben mit bedienen, weil er in der Steuerung am Ende ja auch sagt, was zahlt auf den Purpose ein und was nicht und wohin wollen wir uns langfristig entwickeln. Also eine Entkopplung wäre gar nicht möglich.

6:07
Markus: Ich frag doch noch mal nach, heißt das aber nicht im Umkehrschluss auch gegebenenfalls komplette Führungsstrukturen und die Art und Weise zu führen umzustellen, wenn man einen Purpose findet, heißt das doch im Umkehrschluss auch, den einzelnen Mitarbeitern sehr viel mehr Eigenverantwortung zu geben, oder?

Tom: Das kommt ja auf den Purpose an, wie man den Purpose formuliert, aber mal mindestens würde ich sagen, einen Purpose im stillen Kämmerlein zu zu formulieren ist vermutlich nicht richtig, es bietet sich sehr an Mitarbeitende zu fragen.

6:37
Tom: Was ist eigentlich das Besondere im Unternehmen? Wie erklären wir einem sechsjährigen Kind, warum es gut ist, dass es uns gibt? Was wäre eigentlich, wenn es uns plötzlich, wenn wir vom Markt verschwinden würden, wer würde denn eigentlich weinen? Welchen Beitrag leisten wir, und das ist so dieses reinhören in die Organisation und das, das führt man in den meisten Fällen dazu, dass man Dinge umstellen muss, ob das jetzt gleich die Führung ist, weiß ich gar nicht, es können ganz andere Dinge sein, wo man sagt, die machen wir in Zukunft anders, wichtig ist nur, dass das Handeln. In Einklang steht mit dem Purpose, den man für sich erkannt hat.

Markus: Herr Doktor Fischer, ganz herzlichen Dank!

Tom: Danke Ihnen auch!