Portrait von Nora Zallmann bei der Allfoye Managementberatung

Der Changeprozess: Die 9 goldenen Regeln der Kommunikation

Der Changeprozess: Die 9 goldenen Regeln der Kommunikation
12:25

Wirksame Change-Kommunikation braucht mehr als Infos – sie schafft Verständnis, Vertrauen und Orientierung. Nora Zallmann zeigt, wie das gelingt.

In Veränderungsprozessen müssen die Menschen im Unternehmen „mitgenommen“ werden – das versteht sich fast von selbst. Aber wie? Mit ein paar Ansprachen, Rundschreiben und dem einen oder anderen direkten Gespräch ist es jedenfalls nicht getan. Changeprozesse erfordern eine strategische, gut geplante und kontinuierliche Kommunikation, die Sinn und Nutzen des Wandels vermittelt, aber eben auch Ängste und mögliche Widerstände gegen das Neue adressiert. Nora Zallmann, Psychologin und Senior Consultant bei der Allfoye Managementberatung, hat aus unseren Beratungsprojekten die Bausteine einer effektiven Change-Management-Kommunikation zusammengetragen.

1. Stakeholder-Analyse – niemanden vergessen

Alle Personen, die an der Veränderung beteiligt sind oder davon betroffen sein werden, müssen gesehen, mitgedacht und ernst genommen werden. Für einen gelingenden Change-Prozess ist eine Stakeholder-Analyse¹ deshalb essenziell und sollte am Anfang aller Überlegungen stehen. Sie erfasst systematisch alle wesentlichen Bezugsgruppen und liefert erfolgskritische Informationen zu den Eckpunkten:

  • Welche Personen werden – intern wie extern – von dem Veränderungsprojekt erfasst?
  • Welche Haltungen zum Projekt, welche Widerstände sind zu erwarten?
  • Wie viel Einfluss haben bestimmte Personen(gruppen) auf Kolleg:innen im Unternehmen? Und wie kann dieser im Sinne einer positiven Strahlwirkung genutzt werden?
  • Wie werden sie voraussichtlich gegenüber Kolleginnen und Kollegen, aber auch gegenüber anderen Stakeholdern Stellung beziehen?
  • Wie wird mit potenziellen „Stimmungsmachern“ umgegangen?

Empfehlenswert ist, die Erkenntnisse in sogenannten Change Personas zu clustern. Diese Personas repräsentieren typische Gruppen von Mitarbeiter:innen und sind ein guter Ansatz, um Widerstände und Herausforderungen im Kreis der Stakeholder zu antizipieren. Auf dieser Basis können Kommunikationsmaßnahmen geplant werden, mit der jede Gruppe über die richtigen Kanäle und mit den passenden Botschaften erreicht wird.

2. Initiale Kommunikation – den richtigen Ton setzen

Nur keine Missverständnisse aufkommen lassen! Das gilt für die Kommunikation über den gesamten Change-Prozess und insbesondere für den Beginn. Die initiale Information zu einem Veränderungsprojekt und zum begleitenden Change Management setzt den Ton und stiftet Vertrauen – oder eben nicht. Wie immer im Leben gilt auch hier: Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Neben der sachlichen Ebene zählt von Anfang an auch die emotionale Ansprache. Mögliche Leitfragen für die erste Phase der Kommunikation lauten:

  • Was passiert?
  • Warum findet der Wandel statt?
  • Welche Ziele werden anvisiert?
  • Welcher Nutzen entsteht für das Unternehmen?
  • Was bedeutet die Veränderung für den Einzelnen?
  • Wer ist verantwortlich?
  • Welche nächsten Schritte sind geplant?

Hierbei sollte das Unternehmen seine Absichten klar formulieren. Transparenz und Nachvollziehbarkeit zahlen sich aus und steigern die Bereitschaft der Menschen, den Wandel positiv aufzunehmen und zu unterstützen. Zur initialen Kommunikation gehört immer auch eine Einschätzung, welche Auswirkungen der Veränderungsprozess für die Mitarbeitenden hat. Besonders wichtig ist, die Kommunikation auf die Zielgruppe anzupassen. Am Ende des Tages ist für den Projekterfolg nicht entscheidend, was gesagt wurde, sondern was beim Gegenüber angekommen ist.

3. Change Benefit Story – im Narrativ überzeugen

Ein zentrales Element der Change-Kommunikation ist die Change Benefit Story. Sie erklärt den Wandel als Teil einer größeren Vision für das Unternehmen.

Die Change Benefit Story hat den Charakter eines Narrativs, also einer sinnstiftenden Erzählung, auf die im Change-Prozess immer wieder zurückgekommen werden kann. Sie verknüpft die Auslöser (Need for Change) mit den geplanten Maßnahmen und den damit verbundenen Vorteilen für das Unternehmen und die Mitarbeitenden. So trägt sie zu einem gemeinsamen Verständnis bei und fördert die Identifikation, aber ebenso die inhaltliche und emotionale Auseinandersetzung mit dem Projekt. Je nach Ausmaß der Veränderung kann es angeraten sein, den Sense of Urgency zu vermitteln, also das Gefühl der Dringlichkeit, das es zuweilen braucht, um die Tiefe des Wandels glaubhaft darzustellen.

Je nach Komplexität des Projekts kann es mehrere Fassungen der Change Benefit Story geben, die jeweils einzelne (Teil-)Bereiche oder Projektphasen konkret beschreiben. Dabei sollte der rote Faden des übergreifenden Storytellings immer erkennbar bleiben und unterstützt werden. Für eine zielgerichtete und lebendige Überlieferung der Botschaften enthält das Skript für die Change Benefit Story in der Regel visuelle Umsetzungen in Form von Infografiken oder Videos.

4. Branding – den Change sichtbar machen

Eine gelungene Change-Kommunikation setzt auf Wiedererkennungseffekte. Ob online oder offline, ob im Intranet oder am Schwarzen Brett – Mitarbeitende und Stakeholder sollten sofort erfassen können, wenn eine Kommunikation zum Projekt erfolgt.

Die Markenführung macht es vor: Ein spezifisches Branding mit einem Logo und einem resonanzstarken Namen, vielleicht sogar einem Claim, ist eine effektive Methode, um das Transformationsvorhaben in der Belegschaft zu verankern.

Das Branding – gegebenenfalls publikumswirksam vorgestellt auf einem Kick-Off-Event – steigert das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit für den Veränderungsprozess. Idealerweise knüpft es visuell an die identitätsstiftenden Kommunikationswelten und die Kultur des Unternehmens an. Ein gutes Branding sticht aus der Fülle der Kommunikationsinhalte hervor, die bei den Mitarbeiter:innen eingehen.

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5. Kick-off – den Wandel inszenieren

Ein erster Meilenstein im Change-Prozess ist der Kick-off des Projekts. Wie weit der Kreis dafür gezogen wird, hängt vom Ausmaß und der Bedeutung des Veränderungsprojekts ab.

Doch egal, ob eine wertschätzende Veranstaltung für die gesamte Belegschaft oder ein gezieltes Event für direkt involvierte Mitarbeitende gestaltet wird – beim Kick-off werden die Kernaspekte des Wandels vermittelt und emotionale Anker gesetzt. Dafür liefert die Change Benefit Story die dramaturgische Grundlage.

Das Event eröffnet den Raum für offene Fragen, vermittelt die Hintergründe für sowie die Richtung des Vorhabens und bietet die Möglichkeit, den Wandel für alle Beteiligten greifbar zu machen. Die Chance zur kreativen Gestaltung des Kick-offs sollte nicht versäumt werden. Videos, Interviews, Graphic Recording ² – die Möglichkeiten sind vielfältig.

Für eine maximale Reichweite sind technische Vorkehrungen notwendig. Mitarbeitende, die nicht vor Ort sein können, werden einen Live-Stream und/oder ein Chat-Angebot im Intranet zu schätzen wissen.

6. Sprachwelten – an das Gewohnte anknüpfen

Jedes Unternehmen verfügt über seine eigene Kommunikationskultur und bewegt sich dabei, ob bewusst geprägt oder intuitiv entstanden, in spezifischen Sprachwelten. Change-Kommunikation greift diese Gewohnheiten gezielt auf: Ob duzen oder siezen, ob formell oder eher locker – die Kommunikation passt sich dem gewohnten Stil an. Sie übernimmt übliche Floskeln und Standardformulierungen, aber vermeidet „verbrannte“ Begriffe oder klärt umfassend über ihre Bedeutung in einem neuen Kontext auf. Diese Anleihen an die gelernte Unternehmenssprache erzeugen Vertrautheit, signalisieren Kontinuität und Authentizität. Gleichzeitig sollte die Kommunikation als spürbare Intervention des Change-Prozesses betrachtet und genutzt werden. Dazu werden gezielt Begriffe, Tonalitäten und Formate eingesetzt, die sowohl die Kultur als auch Sprache und Schlüsselworte der Zukunft repräsentieren.

Auf die Markenwerte oder den Unternehmenszweck des Unternehmens, also auf den Purpose, sollte in der Change-Kommunikation immer wieder Bezug genommen werden. So werden Veränderungsprozesse organisch mit der Kultur und der Strategie des Unternehmens in Verbindung gebracht.

7. Visualisierung – mit Stories Emotionen wecken

Visuelle Kommunikation ist in Change-Prozessen von großer Bedeutung. Besonders Videos können die Mitarbeitenden auf einer emotionalen Ebene erreichen und die zentralen Botschaften des Change Managements wirkungsvoll transportieren.

Ein professionell produzierter Film, der beispielsweise die Change Benefit Story reflektiert, die Projektleitung oder die Geschäftsführung zu Wort kommen lässt, ist jede Mühe wert. Auch kurze Clips, die einzelne Etappen oder Erfolge des Projekts dokumentieren, kommen bei der Belegschaft gut an und eignen sich für die internen sozialen Kanäle und das Intranet.

Weitere visuelle Elemente sind Poster, Infografiken und Fotogalerien, die von den Meilensteinen und dem Fortschritt des Veränderungsprojekts berichten.

8. Updates – den Takt der Veränderung aufnehmen

Timing, Rhythmus und Intensität sind entscheidende Qualitätsmerkmale der Change-Kommunikation. Kontinuierliche Information und regelmäßige Updates sind entscheidend, um die Mitarbeitenden im „Loop“ des Projekts zu halten. Wenn sie hingegen längere Zeit nicht vom Veränderungsprozess lesen oder hören, kann sich der Eindruck verfestigen, der Prozess sei ins Stocken geraten. Sorgen und Bedenken können in Phasen der Stille zunehmen. Je weniger inhaltliche Klarheit über das Ergebnis und die Effekte der Veränderung im Gesamtunternehmen besteht, desto wichtiger ist es, Sicherheit über den Prozess zu vermitteln. Daher gilt: lieber den Stand der Dinge, dessen Hintergründe und die anstehenden Schritte transparent teilen, als zu viel Interpretationsspielraum zuzulassen und damit dem Flurfunk zu viele Chancen einzuräumen.

Ein koordiniertes und gut getaktetes „Messaging“ über (beispielsweise)

  • Newsletter
  • Blogbeiträge
  • Intranet-Updates
  • Posts in Teams-Kanälen
  • oder Podcasts

eignet sich ideal, um den aktuellen Stand des Projekts, erreichte Meilensteine, Personalien und die nächsten Schritte zu kommunizieren.

Die Texte und Informationen sollten klar und verständlich formuliert sein, sodass sie von allen Mitarbeitenden umgehend und im Alltagsgeschäft auch nebenbei aufgenommen werden können. Bewährt hat es sich, die Medienformate gut zu mischen.

Bei der Planung der Change-Kommunikation muss zudem sichergestellt werden, dass alle Mitarbeitenden einen einfachen Zugang zur Information, zu aktuellen Nachrichten und Updates haben.

9. Question and Answer – den Dialog fördern

Change-Prozesse werfen viele Fragen auf. Im Flurfunk spekulieren Mitarbeitende über ihren Verlauf und Wert. Stille-Post-Effekte lassen Unschärfen in Wahrnehmung entstehen.

Um solche Unsicherheiten aus dem Weg zu räumen, sind regelmäßige Question-and-Answer-Sessions (Q&As) mit dem Projektteam und der Geschäftsführung ein probates Mittel. Diese Foren bieten den Mitarbeitenden die Möglichkeit, ihre Bedenken zu äußern und direktes Feedback zu erhalten. Zu bedenken ist, dass neue Formate etwas Anlaufzeit benötigen. Bevor die Mitarbeitenden Vertrauen fassen, die Angebote tatsächlich nutzen und offen über ihre Unsicherheiten sprechen, braucht es etwas Geduld. Am Ball bleiben ist somit angesagt, auch wenn die ersten Q&As noch zäh verlaufen. Vorbereitete Fragen helfen, das Eis zu brechen.

Ebenso wertvoll sind bilaterale Gespräche mit Stakeholdern oder Schlüsselpersonen im Unternehmen. Durch den direkten Austausch kann gezielt auf individuelle Bedürfnisse und Sorgen eingegangen werden.

Kurzum: Eine transparente, kontinuierliche und zielgerichtete Change-Management-Kommunikation ist essenziell, um einen Veränderungsprozess erfolgreich zu gestalten. Nur wenn die Mitarbeiter:innen verstehen und auch emotional nachvollziehen können, warum der Wandel notwendig ist und wie er gestaltet wird, entwickeln sie Akzeptanz, Vertrauen und Zuversicht.

Redaktionelle Unterstützung: Bettina Dornberg & Christoph Berdi (die „Identitätsstifter“)