Mit dem internen Kommunikationsformat, Low-Code und globalem Roll-out macht der Anlagenbauer seine SAP-S/4HANA-Transformation zur Erfolgsgeschichte.
Digitalisierung ist fest in der Unternehmensstrategie von AZO verankert. Nachdem der Anlagenbauer bereits ein SAP-basiertes Kundenportal eingeführt hatte, wollte er jetzt das ERP-System modernisieren und auf SAP S/4HANA migrieren. Die Herausforderung: Der Roll-out sollte an allen Standorten weltweit gleichzeitig stattfinden. Wie die Conversion dank Unterstützung von All for One in nur 11 Monaten gelang und welche Praxis-Tipps Projektleiter Christian Eckel bereithält, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Der Bluefield-Ansatz: Technik, Struktur und Vorteile
AZO entschied sich für die Conversion im Bluefield-Ansatz – ein Migrationsverfahren, das die Vorteile von Greenfield und Brownfield kombiniert. „Wir wollten möglichst schnell ein neues SAP-S/4HANA-System aufbauen, alle Daten mitnehmen, aber während der Conversion schon Prozesse ändern“, erklärt Christian Eckel, Projektleiter der SAP-S/4HANA-Transformation bei AZO. Die Spezialisten von All for One kopierten zunächst das Produktivsystem in ein Exportsystem und erstellten ein leeres ECC-System ohne Anwendungsdaten. Diese sogenannte Empty Shell wurde dann auf SAP S/4HANA aktualisiert. So erhielt AZO schon in einer frühen Projektphase ein SAP-S/4HANA-System, das anschließend angepasst werden konnte. Christian Eckel war überrascht: „Beim Bluefield-Ansatz ist es tatsächlich so, dass man freitags noch im alten SAP-GUI ein Material anlegt, nach Hause geht, sich montags im SAP S/4HANA anmeldet und dort in der gewohnten Umgebung weiterarbeiten kann.“
Globale Herausforderung: Ein Go-live in vier Ländern
Der globale Roll-out erforderte eine exakte Planung und klare Kommunikation. Drei strukturierte Testphasen und zwei vollständige Go-live-Simulationen bildeten das Rückgrat des Migrationsprojekts. Dabei waren Key User aus allen internationalen Standorten aktiv eingebunden. Christian Eckel erklärt: „Wir betrachten Prozesse schon seit Jahren nur noch End-to-End und hatten dadurch eine Liste mit allen Beteiligten. So konnten wir insgesamt 50 Gruppen-Ansprechpartner bestimmen.“ Die regelmäßige Abstimmung mit den Key Usern erfolgte standortübergreifend alle vier Wochen in virtuellen Meetings, bei Bedarf auch mehrsprachig. Für das Testmanagement entwarf die IT einen zentralen Testplan in der DevOps-Plattform, exportierte diesen in Excel und stellte die Listen den Key Usern zur Verfügung. Diese konnten dort Testschritte, Kommentare und Screenshots dokumentieren. Anschließend analysierte die IT die Rückmeldungen und kümmerte sich gezielt um die Fehlerbehebung. Allein im Hauptwerk in Osterburken musste AZO über 3.000 Testfälle bewältigen.
Mehr als Migration: Prozesse modernisieren im laufenden Projekt
Während der technischen Conversion nutzte AZO die Gelegenheit, Prozesse zu optimieren. „Diese Chance sollte man sich nicht entgehen lassen“, empfiehlt Christian Eckel. „Wir haben zum Beispiel eine Chargenverwaltung eingeführt. Mit dem Migrations-Tool war das ganz einfach.“ Außerdem hat AZO das Profitcenter neu gestaltet, sodass das Controlling jetzt alle Neubuchungen sauber betriebswirtschaftlich monitoren kann. Schon lange wollte das Unternehmen auch den bestehenden GPD-Prozess (Grouping, Pegging, Distribution) für die Bedarfszusammenfassung deaktivieren, da dieser obsolet geworden war. Was im Bestandssystem hochkomplex gewesen wäre, gelang während der Datenmigration unkompliziert, da Bedarfe umgemappt werden konnten.
Low-Code in der Praxis: Schnell, smart und ohne doppelte Entwicklung
Nach dem Aufbau des SAP-S/4HANA-Systems musste die IT-Abteilung Alt- und Neusystem bis zum finalen Go-live parallel betreiben. Um während dieser Dual-Maintenance-Phase den Aufwand für Neuentwicklungen zu minimieren, setzte AZO die Low-Code-Plattform Simplifier ein. „Indem wir Applikationen außerhalb von SAP aufgebaut haben, mussten wir sie nicht doppelt im R3- und im S4-System programmieren“, erklärt Christian Eckel. Der Low-Code-Ansatz ermöglichte eine schnelle und einfache Entwicklung in einem visuellen Editor. So konnte AZO während der SAP-Transformation zum Beispiel ein Tool für die Fertigung bereitstellen, um Bauteile anhand eines QR-Codes zu identifizieren.
Kommunikation mit Charme: „Auf einen Kaffee mit S/4HANA“ als Erfolgsfaktor
Eine der zentralen Herausforderungen im Projektverlauf bestand darin, die gesamte Belegschaft über Fortschritte und Änderungen der S/4HANA-Migration zu informieren. Da klassische Informationskanäle wie E-Mails häufig nicht die gewünschte Aufmerksamkeit erzielen, entwickelte das Projektteam ein eigenes Kommunikationsformat: „Auf einen Kaffee mit S/4HANA“ – eine interne Videoserie aus kurzen Episoden von fünf bis acht Minuten. In jeder Folge berichteten wechselnde Kolleginnen und Kollegen aus der IT oder den Fachbereichen in Interviewform über konkrete Entwicklungen und nächste Schritte.
Lessons Learned: 5 Tipps von Projektleiter Christian Eckel
- Führen Sie den Custom-Code-Check mit einem Mandanten durch.
„Wir hatten 4.000 Custom Code Findings – also selbst entwickelte Programmcodes, die wir auf Kompatibilität mit S/4HANA prüfen mussten. In einem leeren System war das schwierig. Daher würde ich das nächste Mal zumindest einen kleinen Mandanten ins neu aufgesetzte SAP S/4HANA einspielen, damit man ein Programm auch ausführen kann.“
- Planen Sie Puffer ein.
„Unser Projektplan war viel zu straff getaktet. Dadurch hatten wir kaum Zeit, auf Testergebnisse zu reagieren und Mapping-Regeln während der Migration zu ändern. Ich würde auf jeden Fall zwei Wochen Puffer einplanen.“
- Unterschätzen Sie den Dual-Maintenance-Aufwand nicht.
„Sie müssen nicht nur neue Anwendungen parallel in beiden Systemen integrieren, sondern auch alle Einstellungen, die Sie im Produktivsystem vornehmen, nach SAP S/4HANA übertragen. Wir haben Änderungen in einer Excel-Liste getrackt.“
- Denken Sie schon in den Vorprojekten an Prozessoptimierung.
„Je früher Sie überlegen, wie Sie Prozesse ändern möchten, desto mehr Zeit haben Sie, passende Mapping-Regeln zu erstellen.“
- Ermitteln Sie vor der Migration, welche Lizenzen Sie benötigen.
„SAP S/4HANA wird anders lizenziert als SAP ECC. Um zu ermitteln, welche Lizenzen benötigt werden, muss der Bedarf anhand von bestehenden Usern, Rollen und Berechtigungsobjekten analysiert werden.“
Fazit: Warum sich Mut zur Veränderung bei AZO ausgezahlt hat
Die Migration auf SAP S/4HANA war für AZO nicht nur ein technisches Upgrade, sondern ein bewusster Anlass zur Modernisierung der gesamten System- und Prozesslandschaft. Durch die Wahl des Bluefield-Ansatzes konnte der Anlagenbauer technologische Altlasten hinter sich lassen, zentrale Geschäftsprozesse vereinheitlichen und neue Funktionen gezielt integrieren. Jetzt folgt der nächste Schritt: die kontinuierliche Innovation. „Gemeinsam mit All for One starten wir ein Value-Raising-Projekt, damit wir SAP S/4HANA auch sinnvoll nutzen können.“