How to SAP Carve-out
Kompakte Antworten auf die zentralen Fragen rund um Strategie, Technik, Ressourcen & Co.

Eine SAP-Systemtrennung ist komplex – und erfolgt womöglich unter Zeitdruck. Wie lassen sich typische Stolperfallen vermeiden?
Ihr Unternehmen möchte einen Geschäftsbereich ausgliedern oder eine Tochtergesellschaft verkaufen? Dann müssen Sie als IT-Verantwortliche:r die betroffene Einheit aus der bestehenden SAP-Landschaft herauslösen, sodass sie problemlos in eine neue Umgebung überführt werden kann. Meist werden Carve-outs durch Merger- & Acquisition-Transaktionen (M&A) initiiert, etwa um das Portfolio zu schärfen oder die Unternehmensstruktur zu optimieren. Da die Abspaltung fristgerecht bis zum Verkaufs- oder Neugründungstermin abgewickelt werden muss, erfolgt sie häufig unter Zeitdruck – zählt aber gleichzeitig zu den komplexesten IT-Projekten. Dieser Artikel zeigt auf, wie Sie Fallstricke vermeiden und schnell ans Ziel kommen.
Der Begriff SAP Carve-out bezeichnet das Herauslösen eines Unternehmensteils aus einer bestehenden SAP-Umgebung. Solche Projekte gehen weit über die technische Trennung der IT-Systeme hinaus, da sie zudem erhebliche prozessuale und organisatorische Anforderungen an alle Beteiligten stellen. Weitreichende System- und Datenabhängigkeiten, strenge Compliance-Vorgaben, eine Vielzahl an Stakeholdern und ein straffer Zeitplan sorgen für hohe Komplexität.
SAP-Umgebungen bilden das Rückgrat der Unternehmens-IT und sind daher entsprechend tief in die Prozesslandschaft integriert. Damit das Carve-out reibungslos funktioniert, müssen alle Systeme, Anwendungen und Daten berücksichtigt werden, die der auszugliedernde Unternehmensteil für sein Geschäftsmodell benötigt. Diese gilt es zu identifizieren und in die neue Umgebung zu transferieren. Dabei muss das Projektteam nicht nur Datenschutz, Datensicherheit sowie Datenintegrität gewährleisten, sondern auch lückenlos dokumentieren, welche Daten beim Carve-out übertragen oder gelöscht wurden. Gegebenenfalls sind zusätzliche, branchenspezifische Regularien zu erfüllen. Unternehmen in der stark regulierten Life-Science-Branche müssen zum Beispiel essenzielle Prozesse nach GxP-Richtlinien („Good x Practice“) validieren.
An einem Carve-out sind außerdem verschiedene interne und externe Stakeholder beteiligt, die es zu koordinieren und informieren gilt, darunter etwa das C-Level wie CFO, Enterprise Architects, externe M&A-Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Auch die Fachbereiche müssen eingebunden werden, um sicherzustellen, dass sämtliche Geschäftsprozesse ohne Bruch weiterlaufen. Da der Go-live vertraglich an den Verkaufs- oder Neugründungstermin gekoppelt ist, sind eine detaillierte Planung und ein strukturierter, effizienter Ablauf unverzichtbar für den Projekterfolg.
Wird die IT zu spät involviert, fehlen technische Weichenstellungen im Projektplan mit der Folge, dass Deadlines ins Wanken geraten. In solchen Fällen muss häufig ein provisorisches „Parking-System“ eingesetzt werden – eine Übergangslösung, in der Mitarbeitende ihre Daten und Transaktionen erfassen, bis das eigentliche SAP-System bereitsteht. Diese Informationen müssen anschließend rückwirkend in die Zielumgebung migriert werden, was den Aufwand erhöht und zusätzliche Risiken birgt.
Fehlende Sorgfalt bei Datenschutz und Compliance kann teuer werden. Während des Carve-outs muss lückenlos dokumentiert werden, welche Daten migriert oder gelöscht wurden – nur so bleibt der Prozess revisionssicher. Für steuerliche Prüfungen ist die 10-jährige Archivierung über das SAP Data Retention Tool (DART) oder ein Online-Archiv Pflicht. Der Einsatz zertifizierter Migrations-Tools schützt vor Datenverlust und verhindert Verstöße gegen die DSGVO und andere Regularien.
Im Transition Service Agreement (TSA) legen Käufer und Verkäufer vertraglich fest, dass die ausgegliederte Einheit in der Übergangsphase weiterhin auf zentrale Systeme und Dienstleistungen zugreifen kann, bis sie vollständig eigenständig arbeitet. Ohne ein solches Abkommen ist die Betriebsfähigkeit des herausgelösten Unternehmensteils nach dem Closing gefährdet.
Ob Brownfield (1:1-Migration), Bluefield (selektive Datenübernahme) oder Greenfield (kompletter Neuaufbau) die richtige Wahl ist, hängt von den individuellen Anforderungen und vom Carve-out-Szenario ab. Asset Deals lassen sich zum Beispiel ausschließlich mit Bluefield umsetzen, für Share Deals kommt häufig Brownfield zum Einsatz. Passt der Migrationsansatz nicht zum Profil, entstehen unnötiger Aufwand und Risiken.
SAP Carve-outs erfordern sowohl spezialisiertes fachliches als auch technisches Know-how und viel Erfahrung. Wer aber ohne die notwendige Erfahrung und ohne jegliche Unterstützung von außen ein SAP Carve-out stemmen will, unterschätzt oft Komplexität, Zeitbedarf und regulatorische Anforderungen – und riskiert vermeidbare Fehler.
Ein SAP Carve-out gelingt nur, wenn Rollen und Aufgaben von Anfang an eindeutig verteilt sind. Externe Partner bringen in der Regel Projektmanager, Prozessberater, Solution-Architekten und Migrationsexperten ein. Intern sind entsprechende Pendants erforderlich. Ein strategisch aufgesetztes Projektmanagement, strukturierte Kommunikationspläne und regelmäßige Abstimmungen fördern Vertrauen und Akzeptanz. So behalten alle Beteiligten – von den Fachbereichen über die IT bis hin zum Management – den Überblick, und das Projekt bleibt steuerbar.
Spezialisierte Dienstleister mit technischem und fachlichem Know-how helfen Ihnen dabei, die Komplexität des SAP Carve-outs zu meistern, das Projekt effizient zu steuern, Go-live-Termine einzuhalten und die Compliance sicherzustellen.
Mit Expertenunterstützung sollten Sie für einen Share Deal circa drei bis fünf Monate einkalkulieren, für einen Asset Deal etwa sechs bis neun Monate, wobei die Projektlaufzeit je nach Komplexität variiert. Stellen Sie ausreichend Ressourcen für Konzeption und Testing aus den Fachabteilungen bereit und denken Sie auch an Schulungen und Change-Management-Maßnahmen.
Mit den richtigen Tools sparen Sie Zeit und vermeiden Risiken. Zur Identifikation von relevanten Eigenentwicklungen, Schnittstellen und Reports eignen sich Migrations- und Analyse-Tools wie Kyano CrystalBridge von SNP oder der SAP Readiness Check. Der Einsatz einer zertifizierten Migrations-Software gewährleistet die saubere und konsistente Datenübertragung und verhindert ungewollten Datenabfluss.
Ein SAP Carve-out zählt zu den anspruchsvollsten IT-Projekten, weil technologische, organisatorische und rechtliche Herausforderungen ineinandergreifen. Wer jedoch frühzeitig klare Ziele definiert, Verantwortlichkeiten festlegt und geeignete Werkzeuge einsetzt, reduziert Risiken und vermeidet unnötige Mehrkosten. Mit vorausschauender Planung und erfahrenen Partnern lässt sich die Systemtrennung strukturiert umsetzen, ohne die Geschäftskontinuität zu gefährden. Sie möchten weitere Details? In unserem Leitfaden haben wir die wichtigsten Schritte für ein SAP Carve-out dokumentiert.
Quellen