30.01.2023 – Lesezeit: 6 Minuten
Prozesse / Einkauf & Beschaffung
Lieferkettengesetz: Wo stehen deutsche Unternehmen?
Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland das neue Lieferkettengesetz: Haben sich die Unternehmen vorbereitet? Welche Anforderungen gilt es noch zu meistern?
Was bedeutet das neue Lieferkettengesetz für die Arbeit von Unternehmen in Deutschland? Wie gut sind die Beteiligten vorbereitet und wo gibt es noch Defizite in der Umsetzung der Themen? Dies hat nun eine aktuelle Studie von Integrity Next, einem Spezialisten für ESG-Risikomanagement und dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) untersucht. Mittelstand Heute stellt die Ergebnisse vor.
Lieferkettengesetz: Was ist das? Das Lieferkettengesetz (LkSG) ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Mit dem Gesetz wird zum ersten Mal die Verantwortung von Unternehmen für die Einhaltung von Menschenrechten und Nachhaltigkeit in Lieferketten geregelt. Dieses Gesetz über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen in Lieferketten wurde nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das deutsche Lieferkettengesetz mit seinen Sorgfaltspflichten gilt vorerst für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern. Ab 2024 wird das Gesetz noch einmal verschärft und schließt dann auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern mit ein. Dazu gehören auch ausländische Unternehmen, die in Deutschland Zweigniederlassungen betreiben. Das Gesetz richtet sich gegen Verstöße, wie
entlang der Lieferketten und beinhaltet folgende neun Sorgfaltspflichten für Unternehmen:
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Umsetzung: Wo stehen deutsche Unternehmen?
Warum ist es deutschen Unternehmen wichtig, Nachhaltigkeit in der Lieferkette zu etablieren? Darauf gaben die Befragten folgende Antworten:
- Einhaltung von Gesetzen (56 Prozent),
- gesellschaftliche Verantwortung (40 Prozent)
- sowie Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit (34 Prozent).
Die drei wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen sind für deutsche Unternehmen
- Umweltschutz (87 Prozent),
- Menschen- und Arbeitsrechte (84 Prozent)
- und Arbeitssicherheit (68 Prozent).
Inwieweit haben die Unternehmen einen Überblick über die Nachhaltigkeit ihrer unmittelbaren Lieferanten? Die Ergebnisse: 65 Prozent geben an, dass sie eine vollständige Transparenz haben. Gar keine Transparenz haben 16 Prozent. Insgesamt geben 38 Prozent der teilnehmenden Unternehmen an, ihre Lieferanten bereits heute auf der Basis von Nachhaltigkeitsparametern zu bewerten. Bei Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden fällt der Wert mit 25 Prozent niedriger aus als bei größeren Firmen (47 Prozent). Und trotzdem ist auch bei KMU die Bereitschaft zu erkennen (45 Prozent), künftig eine solche Bewertung der Lieferanten entlang der Lieferkette vorzunehmen.
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Große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden veröffentlichen außerdem in etwa 57 Prozent der Fälle einen Nachhaltigkeitsbericht, während der Anteil bei Firmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten deutlich niedriger ausfällt (15 Prozent).
Um Nachhaltigkeitsrisiken in der Lieferkette zu identifizieren, empfiehlt sich ein Risikomanagement. 78 Prozent der Befragten gaben an, bereits ein Risikomanagementsystem implementiert zu haben oder dies derzeit zu planen. 33 Prozent der Befragten setzen dabei auf Software oder Technologie. 42 Prozent planen deren Einsatz, um Nachhaltigkeitsrisiken in ihrer Lieferkette zu identifizieren und zu analysieren. Als Gründe für die Nutzung geben die Befragten
- die Vereinfachung von Prozessen (64 Prozent),
- Zeitersparnis (63 Prozent),
- Skalierbarkeit (38 Prozent)
- sowie Kostenersparnis (15 Prozent) an.
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Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Ist Software die Lösung?
Mehr als die Hälfte der Befragten empfinden die Beschäftigung mit dem neuen Gesetz als sinnvolle Vorbereitung für die geplante EU-Lieferkettenrichtlinie (54 Prozent).
Im Hinblick auf Compliance und juristische Fragen fühlen sich aktuell 37 Prozent der befragten Unternehmen gut oder sehr gut aufgestellt. Große Defizite bestehen nach wie vor in der technischen Umsetzung des LkSG. 55 Prozent der Umfrageteilnehmenden schätzen ihre Ausgangslage hier als schlecht oder sehr schlecht ein.
Ähnlich schwach fällt die Bilanz in der deutschen Wirtschaft bezüglich der Einbettung relevanter Prozesse in bestehende organisatorische Strukturen und Abläufe aus – hier erkennen 51 Prozent der Unternehmen Nachholbedarf in der eigenen Organisation.
Nick Heine, Mitgründer und COO von Integrity Next, ergänzt: „Globale Lieferketten zu überwachen ist eine Mammutaufgabe, die langfristig nur mittels einer technologischen Lösung gelingen kann. Diese muss einerseits sicher und effizient sein und alle Eventualitäten abdecken, die in komplexen Lieferketten auftreten können. Und sie muss sich andererseits mit wenig Aufwand und nahtlos in die bestehenden Systeme und Prozesse der Unternehmen einfügen lassen. Nur so können Unternehmen jeder Größe dem LkSG gerecht werden, ohne die eigene Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsposition aufs Spiel zu setzen."
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