Zukunft entsteht aus Mut. Und aus Vorstellungskraft, aus einem konkreten Bild, wie Zukunft aussehen soll. Das gibt Orientierung in unsicheren Zeiten und löst die notwendigen gesellschaftlichen Debatten aus. Basierend auf seinem Buch „Zukunft verpflichtet. Modernes Unternehmertum für ein lebenswertes Land“ entwirft unser Gründer und CEO Dr. Thomas Fischer ein Szenario für den Mittelstand im Jahr 2045. In seiner optimistischen Manier skizziert er sein „Hinzu“: ein attraktives und erstrebenswertes Zielbild für unser unruhiges Land. Geschrieben für all diejenigen, die jetzt die Weichen legen wollen.
Deutschland fühlt sich leicht an. Geradezu schwungvoll. Es herrscht Aufbruchstimmung in der Bevölkerung, in der Politik und in der Wirtschaft, die zusammengerückt sind und wie lange nicht mehr an einem Strang ziehen. Die Zuversicht ist allenthalben spürbar – mitunter auch laut und farbenfroh. Wie in Berlin, wo auf der Straße „Unter den Linden“ und am Brandenburger Tor hunderttausend Menschen feiern. Aus gutem Grund: Allen Unkenrufen und Widrigkeiten zum Trotz ist Deutschland klimaneutral. Die nachhaltige Transformation hat für einen ebenso nachhaltigen Aufschwung gesorgt – die Nation hat allen Grund zum Feiern. „Sustainability – engineered in Germany“ genießt in aller Welt einen ebenso magischen Klang wie einst „Made in Germany“. Kaum zu glauben nach all den innergesellschaftlichen Konflikten, nach den Krisen und der anstrengenden Suche nach gemeinsamer Orientierung, auch innerhalb der Europäischen Union (EU)¹. Aber es ist wahr, und ein verwunderter Kommentator titelt in der FAZ² nach der Sause in Berlin: „Deutschland, ein Tanz.“
Der Mittelstand ist nicht nur Profiteur, sondern auch Treiber dieser Veränderung. Vorbei die Zeiten, in denen Weltmarktführer als „Hidden Champions“ oder als „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“ zwar respektvoll behandelt, aber auch immer etwas in den Schatten börsennotierter Konzerne und ihres Leitindex‘ DAX³ gestellt wurden. Längst gibt der Mittelstand, zu dem nun viele einstige Start-ups aus den frühen 2000er-Jahren zählen, den Takt und den Rhythmus der Veränderung vor. Seit jeher auf Nähe, Verantwortung, Handlungsstärke, Qualität und langfristiges Denken bedacht, gilt er als Vorzeigebeispiel für einen neuen Teamgeist im Land. Kein Wunder, schließlich werden die Wechselwirkungen zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialer Lage nirgends so deutlich spürbar wie an den Arbeitsplätzen. Weitsichtige Unternehmerinnen und Unternehmer erkennen das Potenzial, das darin liegt, ihre Geschäfte nachhaltig auszurichten und ausgleichend auf die einst so zerrüttete Gesellschaft einzuwirken. Sie gehen mit gutem Beispiel voran und zähmen dafür ihre Erwartungen an Gewinn und Wachstum. „Zukunft verpflichtet“ bekommt für sie eine stärkere Bedeutung als die Grundgesetzformel „Eigentum verpflichtet“ und steht für ein Update der kaufmännischen Tugenden. „Ehrbare Kaufleute“ sind Mitte dieses Jahrhunderts auf ein generationenübergreifendes, Ressourcen schonendes und im Idealfall sogar regeneratives Wirtschaften bedacht. Wirtschaft im Jahr 2045 bedeutet eben auch, dem Planeten zu helfen, die überstrapazierten ökologischen Grundlagen wieder zu erneuern.
Folgerichtig hat sich im Mittelstand eine Führungskultur etabliert, die Nachhaltigkeit ins Zentrum der strategischen Überlegungen rückt und den Mitarbeitenden dafür Freiraum und Eigenverantwortung zugesteht. Sie sind hochmotiviert, denn in ihrem Leben sind viele von den Veränderungen direkt betroffen. Versicherungsprämien für ihr Hab und Gut gehen durch die Decke, weil extreme und unberechenbare Wetterphänomene zugenommen haben. Mit Überflutungen und Flächenbränden ist auch in Mitteleuropa jederzeit zu rechnen. Hitzewellen machen den Menschen gesundheitlich schwer zu schaffen, die Zahl der Klimatoten in Europa steigt stetig. Geldanlagen und Altersvorsorge lassen sich nur noch mit ESG-nahen Investitionsstrategien ertragreich managen. Den Mitarbeitenden ist klar: Ohne Nachhaltigkeit ist der eigene Lebensstandard gefährdet.
Vor diesem Hintergrund sind viele Unternehmen zu Plattformen der Transformation avanciert. Sie binden entlang der Wertschöpfungskette Menschen und Organisationen als Co-Innovatoren ein. Mit Initiativen und Institutionen an ihren Standorten arbeiten sie eng zusammen. So entstehen immer neue Win-Win-Situationen, denn im Jahr 2045 existieren neben den Unternehmen zahllose Orte, an denen eine gemeinschaftliche Sicht auf Zukunft entworfen wird – in regionalen Reallaboren, in kooperativen Wohnformen, in Energiegenossenschaften, in sozialen Bewegungen und Vereinen sowie, natürlich, in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Die „German Angst“ von einst ist einem „German Drive“ gewichen: Die Bürgerinnen und Bürger erleben sich nicht mehr als Konsumenten des Wandels und der Demokratie, sondern als Co-Produzenten und aktive Gestalter der Gesellschaft.
Man muss sich Wirtschaft im Jahr 2045 wie ein neuronales Netz vorstellen, in dem Unternehmen durch Künstliche Intelligenz, Echtzeit-Datennetze und Blockchains⁴ miteinander verbunden sind. Die Basisfunktionen des Systems „Wirtschaft“ – etwa die Energieversorgung, die Produktionsabläufe, das Controlling und die Logistik – werden weitgehend automatisiert gesteuert. Die Köpfe der Mitarbeitenden sind frei für Kreativität, Innovation, Strategie und Kooperation. Letzteres ist eine neue Qualität mittelständischen Wirtschaftens. Übergreifende Themen wie die Kreislaufwirtschaft mit ihren komplexen Wertstoffströmen und Anforderungen an die Wiederverwertung werden innerhalb einer Branche kollaborativ gelöst. „Grüne“ und soziale Innovationen entstehen im Schulterschluss mit Start-ups und Forschungsinstituten. Der Schlüssel zu nachhaltigem Wohlstand mit hoher Beschäftigung ist, daran führt in einem Hochlohnland wie Deutschland kein Weg vorbei, die Technologieführerschaft.
Strategisch erweist sich für den Mittelstand die Twin Transition – das Zusammenspiel der digitalen und der nachhaltigen Transformation – als Königsweg im globalen Wettbewerb. Die Nachhaltigkeit gibt der Digitalisierung ihren Sinn. Datenbasiert und mit intelligenten Prozessen ist der Mittelstand auf einen zirkulären Betriebsmodus eingeschwenkt, der international als Goldstandard gilt. Die Unternehmen haben ganze Ökosysteme an nachhaltigen Produkten und Services geformt, die in aller Welt gefragt sind. Sie haben erkannt, dass Nachhaltigkeit keine Anforderung an wirtschaftliches Handeln ist, sondern dessen Essenz. „Mitigation“ – also der Kampf gegen den Klimawandel – und „Adaption“ als Anpassungsstrategie sind ohne „Engineered in Germany“ nicht denkbar. Die deutsche Wirtschaft ist in Circular and Green Tec weltweit führend. Manche Metropolen wären ohne unsere technologischen Lösungen kaum noch bewohnbar, in landwirtschaftlichen Gebieten ließen sich nur magere Ernten einfahren. Die deutsche Mobilitätswirtschaft – früher Automobilindustrie genannt – hält Menschen und Güter nachhaltig in Bewegung und hat eine Führungsrolle bei autonomen Fahr- und Robotiksystemen erobert. Kein Wunder, dass Deutschland im Mittelpunkt eines globalen Know-how-Transfers steht. Gemeinsam mit exzellenten Hochschulen ist die Wirtschaft ein Magnet für Fachkräfte und Wissenschaftler:innen aus den Innovationszentren der Welt.
Die Wirtschaft allein kann den Veränderungsprozess einer ganzen Nation aber nicht tragen. Es braucht eine gemeinschaftliche, von einer breiten Mehrheit unterstützte Ausrichtung und eine weithin spürbare Veränderungsbereitschaft. Mehrere Legislaturperioden verstrichen ungenutzt, bis endlich eine Bundesregierung mit dem notwendigen Rückhalt in der Bevölkerung an neuen Zukunftsbildern sowie Zielen für die Demokratie und das Land arbeiten konnte. Deutschland 2045 verfügt deshalb nicht nur über neue Technologien. Es benutzt auch neue Begriffe, neue Institutionen, neue Tools und neue Erzählungen. Unternehmen messen ihren Erfolg nicht mehr ausschließlich in ökonomischen Kenngrößen wie EBITDA oder Cashflow, sondern ebenso als regenerativen Impact: CO2-Vermeidung pro Wertschöpfungseinheit, Biodiversitätsbeitrag, Gemeinwohlrendite sind neue und belastbare Perspektiven auf die Performance der Unternehmen. Der Index for Sustainable Economic Welfare (ISEW) bezieht Nachhaltigkeit als Wohlstandsfaktor mit ein und ist mittlerweile bedeutsamer als das allein auf Geldwerten beruhende Bruttoinlandsprodukt (BIP)⁵. Kapitalströme richten sich nicht mehr an reinen Wachstumsraten und Gewinnerwartungen aus, sondern zunehmend auch an Zukunftsrelevanz. Purpose, Resilienz, Netzwerkfähigkeit und ökologischer Beitrag definieren den Marktzugang und sichern die gesellschaftliche Legitimation der Wirtschaft, die „licence to operate“. Die Diskussion über Lebensqualität löst sich von Konsumfragen und tendiert zu Werten wie Gemeinschaft, Miteinander und Naturverbundenheit.
Als Glücksfall hat sich auf diesem Weg eine institutionalisierte Form der Generationengerechtigkeit erwiesen: Die Bundesversammlung, die früher nur den Bundespräsidenten zu wählen hatte, wurde dazu neu strukturiert. Sie bildet nach soziodemografischen Merkmalen den Querschnitt der Bevölkerung ab, wobei die jüngeren Generationen ein höheres Stimmgewicht haben als die älteren. Sie hat – ähnlich wie die Wirtschaftsweisen oder der Ethikrat – eine beratende Funktion, aber ihre Stimme hat allein durch ihren Rang als Verfassungsorgan großes Gewicht. In zentralen Fragen der Generationengerechtigkeit gibt das Votum der Bundesversammlung den Ausschlag. In allen Ausschüssen und Kommissionen sind die jungen Generationen angemessen vertreten – eine Revolution des Politikbetriebs von innen. Generationenübergreifender Konsens ist immer noch eine aufreibende Angelegenheit, aber doch viel leichter zu finden als noch vor zwanzig Jahren. Die Unternehmen profitieren von der konstruktiven Stimmung. In den Organisationen kommt es zu einem lebhaften Austausch und Know-how-Transfer zwischen Jung und Alt.
Im Jahr 2045 gehört Deutschland zu den führenden Smart Nations. Der Staat agiert bürgerzentriert und reaktionsschnell. Verwaltung funktioniert automatisiert, datengestützt und empathisch. Die öffentliche Hand ist kein Ort der Mängelverwaltung mehr, sondern des Möglichmachens. Unternehmen spüren Rückenwind: Nur noch so viel Regulierung und Aufsicht wie unbedingt nötig, dafür so viel Freiheit und Unterstützung wie möglich. Sie erleben einen Staat, der kein bürokratischer Moloch mehr ist, sondern eine lernende, digital durchdrungene Plattform. Algorithmen beschleunigen Genehmigungen. KI-gestützte Planungssysteme fördern regionale Entwicklung. Das Gemeinwohl ist digital sichtbar – und damit auch mess- und steuerbar, bis hin zu Apps auf den Smartphones der Bürgerinnen und Bürger. Sie können die Nachhaltigkeitseffekte ihrer Entscheidungen und Konsumhandlungen digital checken – und sich über Bürger-Apps auch zwischen den Wahlen an der politischen Meinungsbildung aktiv beteiligen.
Kurzum: Menschen erleben sich nicht mehr als Konsumenten des Wandels, sondern als Mitgestaltende. Werte wie Verantwortung, Vertrauen und Zukunftsfähigkeit haben einen neuen gesellschaftlichen Resonanzraum gefunden. Transformation wird von einem der Zukunft verpflichteten Unternehmertum initiiert und verstärkt, das für die Herausforderungen von heute und morgen eine wirksame Formel gefunden hat:
Digitalisierung + Verantwortung + Nachhaltigkeit = gesamtgesellschaftlicher Gewinn und globale Wettbewerbsfähigkeit.
Redaktionelle Unterstützung: Bettina Dornberg & Christoph Berdi (die „Identitätsstifter“).