Sie planen eine SAP-Neueinführung oder -Transformation? In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Ihr individueller Weg in die SAP Business Suite aussehen kann.
Die neue ERP-Strategie von SAP haben wir detailliert im ersten Teil unserer Artikel-Serie erläutert: Mit der SAP Business Suite vereint SAP ab sofort Cloud-ERP, Line-of-Business-Lösungen (LOB), eine einheitliche Dateninfrastruktur und KI unter einer integrierten Plattform. Aber welche Wege führen dorthin? Ob Conversion oder Neueinführung: SAP unterstützt verschiedene Transformationspfade, je nachdem, von welchem Ausgangspunkt Unternehmen starten. IT-Verantwortliche stehen jetzt vor der Herausforderung, die passende Architektur, geeignete Tools und das richtige Timing zu wählen. Dieser Beitrag gibt eine Orientierung für Neueinsteiger und Transformierer.
Wenn Sie bisher noch kein ERP von SAP einsetzen, ist GROW with SAP der richtige Transformationspfad zur SAP Business Suite. Er führt direkt in die Public Cloud und ermöglicht einen Tool-gestützten Neuaufbau im Greenfield-Ansatz nach der bewährten SAP-Activate-Methodik. Als zentrales Werkzeug für das Projekt- und Testmanagement dient SAP CALM (Cloud Application Lifecycle Management). Den ERP-Kern der SAP Business Suite bildet SAP Cloud ERP (das frühere SAP S/4HANA Cloud Public Edition). SAP stellt das System als SaaS bereit und übernimmt den Betrieb, sodass interne IT-Teams entlastet werden. Unternehmen können auf vorkonfigurierte, direkt einsetzbare Best-Practice-Prozesse zugreifen, erhalten zwei Release-Packages pro Jahr und profitieren dadurch sehr schnell von Innovationen.
Nicht jedes Unternehmen ist aktuell bereit für die Public Cloud. Denn SAP Cloud ERP setzt voraus, mit den SAP-Standardprozessen arbeiten zu wollen. Das bedeutet, sich von Eigenentwicklungen zu trennen und Workflows neu aufzusetzen. Die Einführung von einem Public Cloud ERP ist daher nicht nur ein IT-Projekt, sondern erfordert auch einen kulturellen Wandel. Um die Prozessakzeptanz in der Belegschaft zu fördern, ist es wichtig, die Fachbereiche frühzeitig einzubeziehen und die Transformation mit Change-Management-Maßnahmen zu begleiten. Nicht immer ist die Anpassung an Standardprozesse in einem Big-Bang möglich. Hier gilt es genau zu prüfen, inwieweit sich die individuellen Anforderungen des Unternehmens mit den SAP Best Practices abbilden lassen.
Wer bereits ein SAP ERP nutzt, findet mit RISE with SAP den passenden Transformationspfad zur SAP Business Suite. Um direkt in die Suite, also die Public Cloud, zu transformieren, müssen jedoch einige Anforderungen erfüllt sein. Diese reichen von der Standardisierung der Prozesse, über die Etablierung eines „Clean Core“ bis hin zur Auslagerung von Individualentwicklungen in die BTP (Business Technology Platform). SAP-Anwenderunternehmen, die diese Anforderungen (noch) nicht erfüllen, können als Zwischenschritt in die Private Cloud transformieren. Unternehmen behalten dabei die Kontrolle über das Transformationstempo in die Business Suite und entscheiden selbst, ob sie mit Greenfield, Brownfield oder einem selektiven Ansatz starten. Der Greenfield-Ansatz entspricht einem kompletten Neuaufbau ohne Datenübernahme, Brownfield einer 1:1 Migration des bestehenden Systems. Die dritte Möglichkeit liegt in der goldenen Mitte: Mit dem SAP Business Transformation Center oder dem Bluefield-Ansatz können Unternehmen selektiv Daten übernehmen und ausgewählte Prozesse optimieren.
Für das „Zwischenschritt-Szenario“ hat SAP das Cloud ERP Private Package geschnürt. Dieses umfasst nicht nur die bisherige SAP S/4HANA Cloud Private Edition, sondern auch zahlreiche Tools und Services, die eine strukturierte Migration unterstützen. Eine zentrale Rolle spielt dabei SAP Signavio: Die Cloud-basierte Transformationssuite analysiert bestehende Prozesse datenbasiert und vergleicht sie mit den SAP Best Practices. Signavio deckt Schwachstellen auf, gibt Korrekturempfehlungen und erleichtert so die Entwicklung einer individuellen Optimierungsstrategie. Ergänzend hilft LeanIX dabei, die bestehende IT-Landschaft zu visualisieren und die Architektur gezielt in Richtung Harmonisierung weiterzuentwickeln. Mit SAP CALM steht außerdem ein zentrales Werkzeug für Testmanagement, Change-Steuerung und Release-Planung bereit, das nahtlos mit Signavio zusammenarbeitet.
Nach der Transformation in die Private Cloud folgt der nächste Schritt: die gezielte Reduzierung von Komplexität nach den oben genannten Faktoren wie beispielsweise dem Aufbau eines „Clean Core“, um langfristig in die SAP Business Suite übergehen zu können. Der Vorteil liegt nicht nur in der Innovationsfähigkeit: Ein schlankes ERP mit Clean Core ist agiler, wartungsärmer und lässt sich leichter aktualisieren – ein entscheidender Faktor, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können.
Beide Transformationspfade – ob GROW oder RISE with SAP – arbeiten langfristig also auf das gleiche finale Ziel hin, aber in unterschiedlichem Tempo. Während GROW bei der Business Suite-Einführung direkt in die Public Cloud sprintet, ist es mit RISE optional möglich, die langsamere Route über die Private Cloud zu wählen. Die Wahl des Transformationspfads wird damit zur Architekturentscheidung. Einerseits punktet die Public Cloud mit Kostenersparnis, Agilität und höherer Innovationsgeschwindigkeit. Andererseits müssen Unternehmen aber auch in der Lage sein, Standardprozesse zu leben und zwei Release-Zyklen pro Jahr zu stemmen. Die Private Cloud lässt sich dagegen individuell an die eigenen Bedürfnisse anpassen, ist jedoch aufwendiger zu managen und erfordert eine kontinuierliche Transformationsstrategie. Die Entscheidung für die Public Cloud oder Private Cloud muss kein Entweder/Oder sein. In der Praxis entscheiden sich viele Unternehmen für ein Two-Tier-Modell: Während zentrale Unternehmensbereiche zunächst in der Private Cloud verbleiben, nutzen Tochtergesellschaften oder neue Standorte bereits die Public Cloud. So lassen sich erste Erfahrungen mit dem neuen Cloud-Modell sammeln – ohne die bestehende Systemlandschaft direkt umzustellen.
SAP verfolgt künftig eine klare Cloud-basierte Plattformstrategie. Um die Business Suite einführen und die Vorteile vollumfänglich ausschöpfen zu können, müssen sich Unternehmen daher fit für die Public Cloud machen. Wer SAP ERP neu einführt (GROW with SAP), kann die SAP Business Suite direkt einführen. Dasselbe gilt für Anwenderunternehmen, die bereits Public-Cloud-ready sind (RISE with SAP). Wer SAP ERP bereits einsetzt und die Anforderungen noch nicht erfüllt, wählt RISE with SAP mit der Private Cloud als Zwischenschritt. Entscheidend ist, den Transformationspfad basierend auf den eigenen Voraussetzungen und Anforderungen auszuwählen und architekturorientiert zu denken. Ein toolgestütztes Vorgehen hilft dabei, die Ist-Situation zu analysieren und eine individuelle Transformationsstrategie zu entwickeln.